Ralf Meister – eine Chronik des Verschlafens

Ralf Meister hat gemäß Organigramm (externer Link) in seiner Funktion als Landesbischof den Vorsitzender Kollegiums des Landeskirchenamtes. Doch selbst, nachdem Ralf Meister im Januar 2024 als Reaktion auf die Veröffentlichung der ForuM-Studie (externer Link) einen „Kulturwandel“ forderte, verfolgte das Landeskirchenamt weiterhin die Strategie des Vertuschens. Hinweisen auf fehlende Betroffene in der Gesamtbetroffenenzahl ist es erst nach Widerständen, sehr verspätet und teilweise noch gar nicht hinreichend nachgegangen.

Das hat eine lange Geschichte:

In seiner Amtszeit hat Ralf Meister aktiv den Kontakt zu Betroffenen blockiert, bis es gar nicht mehr anders ging. Damit hat dazu beigetragen, dass eine Aufarbeitung nicht voranschreiten konnte. Dass die Fachstelle im Landeskirchenamt unterbesetzt, überfordert und unqualifiziert war, war ihm nachweislich spätestens seit 2015 bekannt.

Selbst nachdem der Landesbischof im Januar 2024 den „Kulturwandel“ forderte, wurde weiterhin die Strategie des Vertuschens verfolgt und auf Hinweise auf fehlende Betroffene in der Gesamtbetroffenenzahl erst nach Widerständen und sehr verspätet eingegangen.

Bis heute machen Betroffene immer und immer wieder negative Erfahrungen im Umgang mit der Fachstelle und dem Landeskirchenamt.

2011-2018: Verschleppung des Themas

Noch vor seinem Amtsantritt 2011 hatte Ralf Meister einen Betroffenen der Initiative getroffen und sich dessen Forderungen nach Aufarbeitung, Entschädigung und Entschuldigung angehört. Nach seiner Einführung ins Amt hat Ralf Meister den Kontakt zu allen Betroffenen sexueller Gewalt durch seine Kanzlei blockieren lassen. Diese Entscheidung hatte er zusammen mit dem Landeskirchenamt getroffen; angeblich weil er davon überzeugt war, dass es für die Betroffenen besser wäre, nicht mit ihm zu sprechen.

Die Betroffenen hatten danach nur die Möglichkeit, sich mit ihren Anliegen an die Gleichstellungsbeauftragte oder an Juristen im Landeskirchenamt zu wenden. Fachlich qualifiziertes Personal mit einer entsprechenden Ausbildung, das sich angemessen um die Betroffenen kümmern konnte, gab es nicht. Die Gleichstellungsbeauftragte hatte plötzlich die Vorläuferfunktion der heutigen Fachstelle und war sowohl inhaltlich als auch von der Kapazität her vollkommen mit dieser Aufgabe überfordert.

Ralf Meister wurde seit 2015 immer wieder von Betroffenen der Initiative auf die Überforderung der Fachstelle hingewiesen; diese Hinweise ignorierte er.

2018 – 2023: Fortgesetzte Verweigerung des Kontaktes zu Betroffenen

Auch nachdem die Fallanalyse „Sexueller Kindesmissbrauch im Kontext der evangelischen und katholischen Kirche“ (externer Link) der UBSKM im Jahr 2018 den evangelischen Kirchen in Deutschland attestierte, beim Thema Aufarbeitung deutlich hinter der katholischen Kirche zurück zu liegen, wiesen Betroffene Ralf Meister wieder auf die Probleme mit der Fachstelle hin.

Doch auf mehrere dieser Hinweise reagierte er entweder gar nicht oder mit Ablehnung.

2024: Kulturwandel trotz mangelnder Zuarbeit zur ForuM-Studie?

Als im Januar 2024 die ForuM-Studie (externer Link) veröffentlicht wurde, stellte sich heraus, dass die Landeskirche nicht, wie vertragsgemäß vereinbart, die Daten aus den Personalakten geliefert hatte. Tatsächlich hatte sie nur Daten aus den Disziplinarakten bereitgestellt.

Ralf Meister zeigte sich nach außen hin erschüttert über das Ausmaß der sexualisierten Gewalt und kündigte einen „Kulturwandel“ an. Die Landeskirche Hannovers gab an, dass es insgesamt 122 Betroffene gegeben habe.

2024: Betroffene fordern Rücktritt

Im Februar 2024 wurde ein Gutachten über den Umgang der Landeskirche Hannover mit dem Tatkomplex Oesede veröffentlicht. Darin wurde der Landeskirche bescheinigt, die Betroffene Lisa Meyer mehrfach abgewiesen zu haben. Auch nach 2010 zeigte sie kein ernsthaftes Interesse an Aufarbeitung.

Lisa Meyer forderte als Konsequenz der Studie den Rücktritt von Landesbischof Meister. Dieser gab in einer Pressekonferenz am 15.03.2024 an, im Amt bleiben zu wollen. Er habe schon viel in der Landeskirche in diesem Kontext erreicht. Außerdem sei sexualisierte Gewalt nur ein kirchliches Thema unter vielen.

2024: Hunderte Mitarbeitende der Kirche kritisieren Meister

Im Juni 2024 unterzeichneten über 200 Mitarbeitende der Kirche einen offenen Brief, die den sie Umgang von Ralf Meister mit der sexuellen Gewalt kritisieren.

Ebenfalls im Juni 2024 gründeten mehrere Betroffene sexualisierter Gewalt in der Landeskirche Hannovers die Initiative „Meisterhafte Vertuschung beenden“. Auch sie forderten den Rücktritt von Ralf Meister.

2024: Landeskirche korrigiert Zahlen nach oben

Im Juli 2024 korrigierte die Landeskirche Hannovers die Zahl der ihr bekannten Betroffenen sexueller Gewalt von 122 auf 190. Zwei Betroffene der Initiative hatten herausgefunden, dass die Landeskirche eine Vielzahl von Betroffenen, nicht in die Zählung hatte einfließen lassen, obwohl diese sich z.B. im Landeskirchenamt gemeldet hatten oder durch rechtskräftige, abgeschlossene Strafverfahren bekannt waren.

Die Landeskirche hatte dies zunächst damit begründet, dass ihr einige Namen von Betroffenen nicht bekannt gewesen bzw. dass Namen bei einem Personalwechsel in der Fachstelle verloren gegangen seien.

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