Was ist eigentlich… ?
Wer sich mit dem Thema sexualisierte Gewalt und Aufarbeitung in der evangelischen Kirche auseinandersetzt, stellt fest, dass es sehr viele Begriffe gibt, die man z.T. schnell verwechseln kann, die manchmal unklar sind, die sich auch inhaltlich vielleicht überschneiden.
Es gibt auch viele Abkürzungen (URAK, GE etc.).
12-Punkte-Maßnahmenplan
Der 12-Punkte-Maßnahmenplan (externer Link) der EKD wurde am 11.11.2024 in Würzburg auf der Synode verabschiedet. Der Plan wurde von vom BeFo entwickelt und soll angeblich alle 46 Empfehlungen der Forum-Studie enthalten. Vertuschung beenden hat 19 Empfehlungen in aus der ForuM-Studie entdeckt, die nicht in dem 12-Punkte-Maßnahmenplan enthalten sind.
46 Empfehlungen der ForuM-Studie
Die Zusammenfassung der Ergebnisse der ForuM-Studie (externer Link) enthält 46 Empfehlungen mit deren Hilfe die sexualisierte Gewalt in der evangelischen Kirche bekämpft werden könnte.
Akteneinsicht
Betroffene haben das Recht auf Akteneinsicht beim Landeskirchenamt. Sie können die eigene Fallakte einsehen. Tipp: Darauf achten, ob es Seitenzahlen gibt (sog. Paginierung). Wenn es die nicht gibt, kann man immer wieder Seiten einfach entfernen oder hinzufügen.
Anerkennungskommission (der evangelischen Kirchen in Bremen und Niedersachsen)
Gremium, das darüber entscheidet, ob ein Antrag auf Anerkennung von Betroffenen genehmigt wird und wie viel die Betroffenen erhalten. Zur Zeit besetzt mit Personen, die der Kirche sehr nahe stehen, z.B. ehemaliger Leiter der Diakonie Rotenburg/Wümme; Pastor*innen im Ruhestand etc. Man muss einen Antrag stellen (s. auch Anerkennungzahlung)
Anerkennungszahlung
Die Landeskirche Hannovers leistet Betroffenen sexualisierter Gewalt, die in der Landeskirche erfahren wurde Zahlungen. Diese Zahlungen werden Anerkennungszahlungen genannt. Das Wort „Anerkennung bedeutet aber leider nicht, dass die Kirche ein Schuld in ihrem institutionellen Versagen anerkennt. Es bedeutet lediglich, dass die Kirche das Leid das den Betroffenen erfahren ist anerkennt. Die Anerkennungszahlungen sind in ihrer Höhe sogar innerhalb der Landeskirche Hannovers unterscheiden sehr unterschiedlich. Erst recht unterschiedlich sind die Zahlungen, wenn diese zwischen den Landeskirchen vergleicht. Es ist nicht erkennbar, was genau die Gründe dafür sind. Die EKD oder die Landeskirche legen hier keine Statistiken vor, was aber unbedingt nötig wäre, um Vergleichbarkeit und Transparenz zu schaffen.
Die höchste uns bekannte Zahlung in der EKD waren 130 000 Euro. Wir wissen nicht, was die höchste Anerkennungszahlung in Hannover ist. Die höchste, die uns bekannt ist, sind 37.500 €. Die niedrigste Anerkennungszahlung die uns bekannt ist hat 2.500 € betragen.
Die Ordnung der Anerkennungskommission der evangelischen Kirchen in Niedersachsen und Bremen vom 1. Mai 2022 (externer Link) sieht Anerkennungszahlungen in einer Höhe von 5.000 € bis 50.000 € vor die sich der vor Gerichten zugesprochenen Höhe von Zahlungen orientieren sollen. Dass sich diese beiden Kriterien gegenseitig ausschließen, scheint die Landeskirche Hannovers nicht zu stören.
Einem katholischen Betroffenen wurde 2023 von einem weltlichen Gericht 300 000 Euro zugesprochen. Solche Summen sind im evangelischen Bereich nicht bekannt, obwohl die sexualisierte Gewalt natürlich leider vergleichbar ist. Die evangelische Kirche in Hessen Nassau hat nach unseren Informationen mehrfach deutlich über 100.000 € gezahlt.
Ansprechstelle HELP
siehe HELP
Antrag auf Anerkennung des Leides
Wenn Fälle verjährt sind oder es aus anderem Grund kein Schmerzensgeld vom Täter / des*r Täter:in geben kann, können Betroffene einen „Antrag auf Anerkennung des Leides“ stellen. Diesen Antrag stellt man bei der sogenannten Anerkennungskommission. Angeblich richtet die Höhe der Summe sich nach aktuellen Schmerzensgeldtabellen, diese werden aber nicht offen gelegt.
https://praevention.landeskirche-hannovers.de/Fuer-Betroffene/AKo (externer Link)
Es kann sehr unangenehm sein, den Antrag zu stellen, weil nach den vergangenen Erlebnissen gefragt wird. Die meisten Betroffenen unserer Initiative haben ihn trotzdem gestellt, auch, weil wir wollen, dass die Fälle dokumentiert werden.
Aufklärung
der Prozess der Klärung dessen, was eigentlich passiert ist, wenn es Meldungen sexualisierter Gewalt gibt. Kann sich direkt an die (siehe) Intervention anschließen, wenn der Fall aktuell ist, oder aber der erste Schritt einer beginnenden (siehe) Aufarbeitung sein. Wo und wann und unter welchen Umständen hat sexualisierte Gewalt stattgefunden? Wie viele Betroffene gibt es? Wie viele Täter/Täter:innen und Vertuschende gab/gibt es? Um welche Gewaltformen handelt es sich? Besteht akuter Handlungsbedarf, um Kinder/Jugendliche zu schützen? Muss jemand suspendiert werden? Etc.
Aufarbeitung
die intensive, verantwortungsvolle Auseinandersetzung mit in der Vergangenheit geschehenen Unrecht. Gute Aufarbeitung ermöglicht (Selbst-)Reflexion und Verhaltensänderungen und Haltungsänderung in der Gegenwart. Sprechen über geschehenes Unrecht (sexualisierte Gewalt, andere Gewaltformen) wird möglich. Die Berichte der Betroffenen werden ernst genommen und nicht mehr tabuisiert.
S. auch Individuelle Aufarbeitung und Institutionelle Aufarbeitung. Einer Aufarbeitung geht immer eine (siehe) Aufklärung voraus, bzw. beide Prozesse müssen Hand in Hand gehen.
Aufarbeitungskommission bei der UBSKM (Unabhängige Aufarbeitungskommission bei der UBSKM)
Kommission von unabhängigen Forschenden, Fachpersonen und Betroffenen, die sich für die Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in allen Tatkontexten einsetzt. Erarbeitet z.B. Standards für Aufarbeitungsprozesse. Sammelt die Berichte von Betroffenen anonym und wertet sie aus. Es gibt individuelle Hearings und öffentliche Hearings und Diskussionsveranstaltungen/Workshops. Hier der Link zur Themenseite „Kirchen“ https://www.aufarbeitungskommission.de/themen-erkenntnisse/kirchen/ (externer Link)
Betroffenen Netzwerk (BeNe)
Das BetroffenenNetzwerk (BeNe) (externer Link) ist eine Informationsseite der EKD zum Thema sexualisierte Gewalt. Hauptartikel zum Thema hier.
Beteiligungsforum der EKD (BeFo)
Hauptartikel Beteiligungsforum (BeFo)
Das Beteiligungsforum (BeFo) der ist ein Gremium der EKD. In dem Gremium sitzen 17 Personen. 9 Kirchenvertreter und 8 Betroffene. Die Betroffenen wiederum sind teilweise auch bei der Kirche beschäftigt. Die 8 Betroffenen wurden von der EKD ausgesucht. Da die Betroffenen nicht gewählt wurden oder in anderer Weise demokratisch durch die breite Masse der Betroffenen legitimiert wurden, repräsentieren die Betroffenen im Befo auch nur sich selbst und nicht etwa die Breite Masse der Betroffenen.
Betroffenvertretung des Beteiligungsforums der EKD (BeFo)
Die Betroffenenvertretung des Beteiligungsforums der EKD ist ein Teil des Beteiligungsforums. Es besteht aus 8 Betroffenen die von der Kirche ausgewählt wurden. Die Betroffenen wurden nicht von anderen Betroffenen oder einer neutralen Stelle gewählt. Die Betroffenen sind teilweise selbst Mitarbeiter der Kirche und haben daher eine Doppelrolle.
Teilweise wird die Identität der Personen in der Betroffenenvertretung geheim gehalten.
Die Initiative hält die Betroffenenvertretung für sehr Kirchennah; weiter kritisiert die Initiative, dass die Betroffenen der Betroffenenvertretung von der Kirche ausgewählt wurden und auch teilweise selbst Kirchenmitarbeiter sind. Die Initiative würde eine demokratische Wahl der Betroffenen im der Betroffenenvertretung Wahl durch Betroffene befürworten. Alternativ wäre auch eine Ernennung von Betroffenen in der Betroffenenvertretung durch eine geeignete unabhängige und kirchenferne Kommission möglich.
Betroffensprecher der Betroffenenvertretung des Beteiligungsforums der EKD (BeFo)
Die 8 betroffenen Personen aus der Betroffenenvertretung im Beteiligungsforum haben 2 Sprecher gewählt. Leider wir in der Öffentlichkeit häufig fälschlicherweise angenommen, dass es sich bei den beiden Sprechern und Sprecher oder Vertreter einer Interessenvertretung von Betroffenen handelt. Das ist jedoch nicht der Fall; die beiden Sprecher sind lediglich die Sprecher der 8 Personen die im Kirchlichen Beteiligungsforum mitarbeiten. Teilweise sind die Betroffenensprecher selbst auch Kirchenmitarbeiter.
Betroffenenbeirat der EKD
Die EKD richtete nach öffentlichem Druck im September 2020 einen Betroffenenbeirat ein. Aus ca. 24 Bewerber*innen wurden 12 ausgewählt – durch ein Gremium, das zu gleichen Teilen aus EKD, unabhängigen Personen aus Fachberatungsstellen (nicht kirchlich) und Mitgliedern des Betroffenenrates UBSKM bestand.
Von den 12 Mitgliedern waren sieben der Kirche eng verbunden (z.B. Pastor, Pastorin, Mitarbeiter*innen diakonischer Einrichtung etc.). Weil die EKD kein Konzept hatte, wie der Betroffenenbeirat eingebunden werden sollte, kam es zu Kritik und Spannungen. Einige Mitglieder gaben ihr Amt auf. Der Beirat richtete kritische Pressekonferenzen aus. Die EKD löste diesen Beirat gegen den Willen der Mehrheit der verbliebenen Mitglieder auf.
Danach wurde eine Evaluation versprochen, warum es Probleme gegeben hatte. Diese Evaluation wurde niemals durchgeführt.
Ausgewählte und im Großteil sehr kirchennahe Mitglieder des aufgelösten Betroffenenbeirates engagieren sich heute im Beteiligungsforum. Einige von ihnen hatten vorher das Amt aufgegeben. Vier eher kritische Mitglieder sind nicht im Beteiligungsforum vertreten.
Betroffene
Hier: Betroffene sexualisierter Gewalt. Menschen, die in Kindheit und Jugend oder als abhängige Heranwachsende und Erwachsene das Unrecht der sexualisierten Gewalt/sexuellen Missbrauch erlebt haben. Auf unserer Seite meinen wir oft Betroffene, die sexualisierte Gewalt in der Diakonie oder in der evangelischen Kirche erlebt haben, in verschiedenen Kontexten. Dazu gehören z.B. Kinderheim und Heime der Diakonie, Jugendarbeit, Pfarrhaus (z.B. durch Eltern oder Pflegeeltern), Religionsunterricht, Pseudo-Liebesbeziehungen…
Betroffenenbeteiligung / Betroffenenpartizipation
Betroffene sollen in allen Prozessen vertreten sein, die sie selbst betreffen: Dazu gehören z.B. Aufarbeitungsprozesse oder aber auch die Entwicklung von Standards, was z.B. Anerkennungzahlungen betrifft.
Betroffenenbeteiligung heißt nicht, dass Betroffene vereinzelt bleiben. Betroffene sollten darauf achten, immer mit mehreren anderen Betroffenen an Beteiligungsprozessen zusammenzuarbeiten. Eine Einladung in eine Kirchengemeinde oder die Aufforderung „Dann schreiben Sie doch mal Ihre Ideen dazu auf!“ sind keine angemessene Betroffenenbeteiligung. Die Gefahr der Instrumentalisierung ist hier sehr groß, weil die Kirche dann sagen kann „Das haben wir aber mit Betroffenen erarbeitet“ – und die betroffene Person wusste gar nicht, was das Ziel war und hat vielleicht auch gar nicht alle Informationen bekommen.
Wer Fragen zur Betroffenenbeteiligung hat, kann sich eventuell an den Arbeitsstab der UBSKM wenden oder auch an den Betroffenenrat – oder natürlich an uns, wenn es um die Landeskirche Hannovers bzw. die Region Niedersachsen und Bremen geht.
Betroffenenrat (bei der UBSKM)
Ein Gremium aus Betroffenen sexualisierter Gewalt, die bei der UBSKM arbeiten und sich auf politischer Ebene für die Belange Betroffener einsetzen. Mitglieder des Betroffenenrates waren an der Auswahl des ehemaligen Betroffenenbeirats der EKD beteiligt. Sie waren nicht an der Auswahl für das Beteiligungsforum beteiligt. Mitglieder des Betroffenenrates haben auch an der Gemeinsamen Erklärung von EKD/Diakonie und UBSKM mitgearbeitet. https://beauftragte-missbrauch.de/betroffenenrat/betroffenenrat-bei-der-ubskm (externer Link)
Dialogprozess
Ein Prozess bei der UBSKM und der Aufarbeitungskommission bei der UBSKM. Ca. 60 Betroffene, darunter auch Mitglieder unserer Initiative, erarbeiten mit Aufarbeitenden (z.B. Jurist*innen, Sozialwissenschaftler*innen, Historiker*innen) und aufarbeitenden Institutionen (z.B. der EKD und der Landeskirche Hannovers, sowie auch mit Vertreter*innen der Diakonie) Standards zu Aufarbeitung und Betroffenenpartizipation. Der Prozess startete im Oktober 2023 und endet im Juni 2025 mit Empfehlungen, an die sich dann hoffentlich auch die aufarbeitenden Institutionen halten.
Dokumentation
Fälle sexualisierter Gewalt sollten sicher dokumentiert werden, unter Wahrung des Datenschutzes. Leider ist völlig unklar, wie die Landeskirchen und die EKD die Fälle dokumentieren. Dokumentation ist die Grundlage von Aufarbeitung, aber leider haben wir immer wieder mitbekommen, dass das Wissen über Betroffene z.B. irgendwo „verloren“ wird (angeblich z.B. bei Personalwechsel).
Fachberatungsstelle (Unabhängig)
Allgemein eingerichtete Ansprech- und Beratungsstellen für Betroffene sexualisierter Gewalt. Unabhängig von der Kirche. Leider sind diese Stellen oft unterfinanziert und haben längst nicht so viele Angestellte wie z.B. die (sogenannten) Fachstelle im Landeskirchenamt Hannover.
Fachstelle
Der Begriff Fachstelle ist nicht geschützt und kann beliebig verwendet werden. Was die Fachlichkeit in einer Fachstelle ausmacht ist jeder Fachstelle selbst überlassen. Aktuell betreibt die Kirche einige sogenannte Fachstellen. Die EKD betreibt einen sogenannte Fachstelle und die Landeskirchen betreiben ebenfalls eigene sogenannte Fachstellen.
Fachstelle bzw. besser sogenannte Fachstelle der Landeskirche Hannovers
Dies sollte eigentlich eine Stelle sein, die Betroffenen hilft. Sie ist im Landeskirchenamt Hannover angesiedelt. Dort arbeiten fast 10 Personen und sollen sich um das Thema kümmern. Sie sind ausschließlich für das Thema „verfasste Kirche“ zuständig, also nicht für die Diakonie.
Leider funktioniert das oft nicht gut. Man erreicht die Fachstelle nicht gut telefonisch, Mails werden oft monatelang nicht bearbeitet und dann nur zum Teil. Wir empfehlen, sich immer auch durch unabhängige Fachberatungsstellen gegen sexualisierte Gewalt beraten zu lassen.
Viele Betroffene verwenden den Begriff „sogenannte Fachstelle“, weil sie sich nicht gut beraten fühlen und oft nicht den Eindruck haben, dass die Mitarbeitenden sehr kompetent sind und sich wirklich für Betroffene einsetzen.
Betroffene der Diakonie – obwohl es sehr viele sind – werden von der Fachstelle nicht beraten, sondern sollen sich an extra Ansprechpartner wenden. Informationen hier https://praevention.landeskirche-hannovers.de/ (externer Link)
Fachstelle bzw. besser sogenannte Fachstelle der EKD
Auch diese sitzt in Hannover, gehört aber zur EKD. Hier wird auf EKD-Ebene das Thema sexualisierte Gewalt in der Kirche behandelt. Hier wird z.B. das Beteiligungsforum mit organisiert. Es arbeiten nur kirchliche Mitarbeitende in der Fachstelle; es gibt keine Unabhängigkeit von der Kirche. https://www.ekd.de/fachstelle-sexualisierte-gewalt-57194.htm (externer Link)
Fallzahlen
Die Zahlen von Fällen sexualisierter Gewalt, die bekannt sind (Hellfeld) oder vermutet werden (Dunkelfeld). Die Hannoversche Landeskirche geht sehr unklar mit diesen Zahlen um. Es gibt keine offizielle Dokumentation (die natürlich anonymisiert sein muss!) und darum keine Transparenz. Manchmal sind damit die bekannten Täter / Täter:innen gemeint, manchmal die bekannten Betroffenen. Eigentlich müsste jede Meldung von Betroffenen codiert und somit nachvollziehbar, aber anonym dokumentiert werden.
Leider weiß man nicht, ob der eigene Fall z.B. der EKD gemeldet wurde und dort gezählt wurde oder aber auch nicht. Das System ist zur Zeit völlig intransparent.
In der ForuM-Studie wurde herausgefunden, dass es eine weit höhere Zahl von Betroffenen gibt als angenommen. Weil die evangelische Kirche aber nicht gut mitgearbeitet hat, kann es sich nur um grobe Schätzungen handeln.
ForuM-Studie
Eine große Studie zu sexualisierter Gewalt in der EKD und Diakonie. Sie wurde im Januar 2024 vorgestellt. Sie besteht aus fünf Teilstudien und zwei Metastudien. Diese sind zum großen Teil qualitativ (mit Interviews z.B. von über 100 Betroffenen) und zu einem kleineren Teil quantitativ (Teilprojekt D und vor allem E).
Es zeigte sich, dass es viel mehr sexualisierte Gewalt gegeben hat, als bislang zugegben; dass die evangelische Kirche mit Betroffenen oft schlecht umgeht, sie z.B. diskreditiert und dass sie in der Aufarbeitung noch nicht gut ist. Die evangelische Kirche reagierte bestürzt und überrascht auf die Ergebnisse, viele Betroffene waren gar nicht überrascht, weil sie aus eigener Erfahrung wussten, die evangelische Kirche mit dem Thema und vor allem mit Betroffenen umgeht (meist nicht hilfreich)
Die evangelische Kirche hatte zugesagt, die Personalakten der Pfarrpersonen auszuwerten, das hatte aber nur eine von 20 Gliedkirchen getan (die Reformierte Kirche). Disziplinarakten wurden in allen Landeskirchen ausgewertet, aber ohne die Personalakten fehlt ein wichtiger Teil. Darum konnte das Teilprojekt E nicht so abgeschlossen werden wie erwartet.
Gemeinsame Erklärung (GE)
Gemeinsame Erklärung der EKD/Diakonie mit der UBSKM, um die Aufarbeitung zu verbessern. Es sollen z.B. insgesamt neun URAK eingerichtet werden (Unabhängige Regionale Aufarbeitungskommissionen).
Die Gemeinsame Erklärung hier (externer Link).
HELP
HELP – Die “Zentrale Anlaufstelle help” wurde von der EKD eingesetzt, damit sich dort Betroffene melden können. Sie ist bei der unabhängigen Fachberatungsstelle Pfiffigunde in Heidelberg angesiedelt. Betroffenen können dort zu bestimmten Sprechzeiten anrufen. Letztendlich verweist dann die Ansprechstelle help auch wieder auf die sogenannten Fachstellen gegen sexualisierte Gewalt in den Landeskirchen und an die Ansprechstellen der Diakonie. https://www.anlaufstelle.help/ (externer Link)
Institutionelle Aufarbeitung
Der Prozess, durch den eine Institution Vermutungen auf sexualisierte Gewalt bzw. bestätigter sexualisierter Gewalt in der Vergangenheit gründlich nachgeht. Unter der strukturierten Beteiligung von Betroffenen (siehe Betroffenenbeteiligung) und externen Aufarbeitenden, z.B. Jurist:innen und Forschenden, wird Hinweisen auf weitere Taten nachgegangen und ergründet, was die Taten damals möglich gemacht hat. Es stellen sich viele Fragen, z.B.: Wo wurden z.B. Täter/Täter:innen geschützt? Wer wusste etwas davon? Was ist mit Tätern/Täter:innen geschehen? Wo wurde Gewalt nicht verhindert, wo ist es vielleicht auch gelungen? Was wünschen sich Betroffene heute? Wie kann das geschehene Unrecht klar benannt und dokumentiert werden? Wie kann das Wissen über das Unrecht in die Prävention einfließen? Institutionelle Aufarbeitung kann in ein Gutachten/einen Aufarbeitungsbericht münden. Genauso wichtig sind aber auch die klare Anerkennung des geschehenen Unrechts vor Ort und die Verantwortungsübernahme der Institution (z.B. Heim, Kirchengemeinde, KiTa) auch in der Gegenwart.
Intervention
Eingreifen bei Vermutung sexualisierter Gewalt. Hier sollte es Pläne geben. Im kirchlichen Bereich sollten diese den Status einer Dienstanweisung haben, an die man sich halten muss. Interventionspläne sollen dafür sorgen, dass die Betroffenen im Blick bleiben und dass nicht vertuscht werden kann. Interventionspläne müssen den Kinderschutz berücksichtigen.
Landeskirchenamt
Amt der Landeskirche in Hannover, bei dem alle wichtigen Verwaltungsvorgänge der Landeskirche laufen. Hier ist auch die Aufarbeitung sexualisierter Gewalt angesiedelt. Leiter ist seit August 2024 Jens Lehmann. Die sogenannte „Fachstelle“ ist dort angesiedelt.
Meister, Ralf
Seit 2011 Landesbischof der Hannoverschen Landeskirche. Vorsitzender der Lutherischen Kirchen in der EKD. Weigerte sich über Jahre, Kontakte mit Betroffenen sexualisierter Gewalt seiner Landeskirche aufzunehmen. Verweigert auch nach massiven Rücktrittsforderungen von Betroffenen die Verantwortungsübernahme für das Versagen im Themenfeld. Sexualisierte Gewalt sei nur ein Thema unter vielen in der Kirche. Man lerne jetzt und werde jetzt den Kulturwandel beginnen. Sprach auf der Landessynode 2021 eine Entschuldigung an Betroffene aus, obwohl keine Betroffenen eingeladen waren. Betroffene wurden über die Entschuldigung auch nicht informiert.
MHG-Studie
Die Studie, die im katholischen Bereich erstmals aufgezeigt hat, wie viele Betroffene es mindestens gibt (Hellfeld). Es wurden 3677 Betroffene gefunden – es ist aber davon auszugehen, dass es noch viel mehr gibt (Dunkelfeld bzw. Dämmerungsfeld). Sie wurde bereits 2018 veröffentlicht, also sechs Jahre vor der ForuM-Studie.
Opferentschädigungsgesetz (OEG)
siehe Soziale Entschädigung gemäß SGB XIV
Ombudsstelle
Die ForuM-Studie empfiehlt die Einrichtung einer Ombudsstelle für Betroffene sexualisierter Gewalt der EKD und Diakonie. An eine solche Stelle können sich Betroffene wenden, wenn es Konflikte mit ihren Landeskirchen gibt und sie nicht weiterkommen. Dort würden durch externe und unabhängige Fachkräfte Betroffene in ihren Belangen unterstützt. Eine solche Stelle gibt es bislang nicht, auch wenn die EKD / die Landeskirchen manchmal die Zentrale Anlaufstelle help (s. HELP) so bezeichnen. Help ist aber nur eine Vermittlungszentrale und hilft nicht bei Konflikten.
Prävention
Die Vorbeugung sexualisierter Gewalt. Die Kirche sagt oft, hier sei sie sehr aktiv. Die Forum-Studie hat herausgefunden, dass Prävention oft nur zögerlich angegangen wird und es auch hier noch viel Nachholbedarf gibt.
Soziale Entschädigung gemäß SGB XIV
Das Sozialgesetzbuch Vierzehntes Buch (SGB XIV) regelt die soziale Entschädigung für Menschen, die aufgrund bestimmter Ereignisse einen gesundheitlichen Schaden erlitten haben. Zu diesen Ereignissen zählen neben Naturkatastrophen oder Unfällen auch Gewalttaten.
Eine wichtige Neuerung des SGB XIV ist, dass nicht nur Opfer körperlicher, sondern auch psychischer Gewalt Leistungen erhalten können. Das bedeutet, dass auch Opfer sexualisierter Gewalt Anspruch auf soziale Entschädigung haben können.
Mehr Informationen zu dem Thema gibt es hier (externer Link) beim Weißen Ring.
Unabhängige Fachstelle
Leider gibt es keine Unabhängige Fachstelle, an die sich evangelische Betroffene wenden können und die ihre Interessen systematisch vertritt. Es gibt Unabhängige Fachberatungsstellen, aber diese sind für alle Betroffenen sexualisierter Gewalt. Oft trifft man dort auf kompetente Mitarbeitende, die sich aber mit der evangelischen Kirche nicht immer auskennen. Wir fordern eine Unabhängige Fachstelle, damit sich Betroffene an sie wenden können und von Personen unterstützt werden, die die evangelische Kirche zwar gut kennen, aber nicht für sie arbeiten.
Unabhängige Regionale Aufarbeitungskommission (URAK)
Hauptartikel Unabhängige Regionale Aufarbeitungskommission (URAK)
Laut der Gemeinsamen Erklärung (siehe GE) sollen Unabhängige Regionale Aufarbeitungskommissionen eingerichtet werden. Hier sollen Betroffene zusammen mit Vertretenden der Öffentlichkeit/Politik sowie der Kirche für die Aufarbeitung von Fällen bzw. für die Überprüfung von Aufarbeitungsprozessen sorgen. Die Betroffenenvertretenden werden von anderen Betroffenen gewählt. Siehe dazu auch unseren Blogartikel.
Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG)
Verwaltungsberufsgenossenschaft – Die Unfallversicherung der evangelischen Kirche. Wer sexualisierte Gewalt/Missbrauch im Ehrenamt erlebt hat, z.B. bei der Leitung von Kindergottesdienst, Konfirmand*innenunterricht, Jugendfreizeiten etc. war versichert und kann die Gewalt als Arbeitsunfall melden! Auf der Homepage der VBG (externer Link) kann ein entsprechender Antrag gestellt werden. Unter bestimmten Umständen kann aufgrund der Schädigung z.B. eine Erwerbsminderungsrente gezahlt werden.
Vernetzung Betroffener
Es wäre absolut notwendig, Betroffene sexualisierter Gewalt zu vernetzen, wenn diese das wünschen. Vernetzung kann einerseits sehr wichtig für die individuelle Aufarbeitung sein, andererseits wird durch den Austausch oft neues Wissen über sexualisierte Gewalt sichtbar. Die EKD verspricht die Vernetzung seit mindestens 2019. Sie sagte zuletzt im Januar 2024 bei der Vorstellung der ForuM-Studie, dass es eine solche Plattform ab dem Frühjahr 2024 gäbe. Die Hannoversche Landeskirche hat in einer Chronik festgehalten, dass sie die Vernetzung Betroffener seit 2012 beabsichtigt.
Passieren tut aber bislang nur extrem wenig. Nur durch die Gemeinsame Erklärung (s. GE) ist es im August 2024 zu einer ersten Vernetzung Betroffener gekommen. Tatsächlich wurden sogar von der Fachstelle zugesagte Vernetzungsangebote in bestehenden bekannten Tatkomplexen nicht gemacht, wie Betroffene später feststellen.
Siehe dazu auch BeNe
Zentrale Anlaufstelle .help
Die “Zentrale Anlaufstelle help” wurde von der EKD eingesetzt, damit sich dort Betroffene melden können. Sie ist bei der unabhängigen Fachberatungsstelle Pfiffigunde in Heidelberg angesiedelt. Betroffenen können dort zu bestimmten Sprechzeiten anrufen. Letztendlich verweist dann die Ansprechstelle help auch wieder auf die sogenannten Fachstellen gegen sexualisierte Gewalt in den Landeskirchen und an die Ansprechstellen der Diakonie. https://www.anlaufstelle.help/ (externer Link)