Wer hatte Schuld im Landeskirchenamt?

Es sei wohl besser, sich nicht den Betroffenen sexualisierter Gewalt seiner Kirche zu treffen – auf diese Idee kommt Ralf Meister kurz nach Beginn seiner Amtszeit.

Kurz nach dem Amtsantritt im Jahr 2011 trifft sich Landesbischof Ralf Meister mit einem Betroffenen sexualisierter Gewalt der Landeskirche Hannovers. Dieser fordert eine Entschuldigung. Der Bischof sichert zu: Er will sehen, was er tun kann.

Nach diesem Treffen allerdings ist Ralf Meister nicht mehr für Betroffene zu erreichen. Seine Kanzlei wimmelt sie mit fragwürdigen Methoden ab.

13 Jahre später äußert sich derselbe Landesbischof dazu:

Man habe ihm klar gemacht, dass die Bearbeitung solcher Fälle bei den Juristen gelegen habe. Ihm sei auch sehr klar gesagt worden, dass er die Entschuldigungen der Landeskirche keinesfalls so ausgestalten dürfe, dass diese als Hinweis auf ein Versagen der Institution dienen können.1

Merkwürdig; im März 2024 hatte Ralf Meister noch angegeben, dass er die Entscheidung, dass Betroffene künftig nicht mehr mit ihm selbst kommunizieren sollten, mit dem Kolleg getroffen hatte, da er davon überzeugt gewesen sei, dass dieser Weg hilfreicher für die Betroffenen wäre.2

Wie soll man sich das vorstellen? Ist da ein Schlägertrupp aus dem Landeskirchenamt in der Bischofskanzlei vorbeigekommen und hat dem Bischof „klar gesagt“ was er zu tun und zu lassen hat? Ist der Landesbischof, der zumindest auf dem Papier dem Kollegium des Landeskirchenamtes vorsitzt3 in Wirklichkeit nur ein Grüßaugust ohne eigenen Wirkbereich?

Hat das Landeskirchenamt dem Bischof wirklich vorgegeben, wie er sich zum Thema sexualisierte Gewalt verhalten soll? Dann hätte Ralf Meister 2011 durch einen Rücktritt eine klare Botschaft liefern können: Mit mir nicht. Einer Kirche, die sich um das Wohl der Betroffenen nicht kümmert, kann ich nicht vorstehen.

Vielleicht war damals, 2011, die Freude über das neue Bischofsamt so groß, dass sich Prioritäten momentan verschoben und Meister den Forderungen des Landeskirchenamtes zähneknirschend nachkam. Vielleicht brauchte es innere Entwicklung, vielleicht gar erst die Ergebnisse der ForuM-Studie, um die Prioritäten neu zu sortieren. Immerhin propagiert Landesbischof Meister seitdem einen „Kulturwandel“.

Doch selbst dann wäre es nur richtig, heute klar und eindeutig zu benennen, wer es war – welche Personen aber auch welche Gremien – ihn damals aufgehalten haben.

War es Rainer Mainusch, der ehemalige Vizepräsident des Landeskirchenamtes und Leiter der Rechtsabteilung? War es Stephanie Springer, die ehemalige Präsidentin des Landeskirchenamtes? War es eine andere Person aus dem Landeskirchenamt? Oder hat sich Ralf Meister die „schuldige“ Person bzw. Personen aus dem Landeskirchenamt nur ausgedacht?

Eines ist klar: Ralf Meister könnte diese Fragen beantworten.

Doch er tut es nicht. Keine Verantwortlichen werden benannt: „man habe entschieden“, „mir wurde damals klargemacht“, es „wurde gerade ein System aufgebaut“.4

So eine diffuse Sprache hilft nicht weiter. Sie ist das Wasser und die Seife, mit denen man seine Hände in Unschuld wäscht.

Update

Am 01.10.2024 gab Ralf Meister im Gespräch mit Jakob Feisthauer und 2 Zeugen an, dass es sich bei der Person die ihn davon abgehalten hätte mit Betroffenen kirchlicher sexualisierter Gewalt um Burkhard Guntau, den ehemaligen Präsidenten des Landeskirchenamtes gehandelt hätte.

  1. vgl. „Im Kirchenamt wurden Entscheidungen nicht getroffen, die nötig gewesen wären“ (externer Link), Rundblick Niedersachsen 15.08.2024 ↩︎
  2. vgl. Statement von Landesbischof Ralf Meister auf der Pressekonferenz am 15.03.2024 (externer Link) ↩︎
  3. vgl. Gliederungsübersicht für das Landeskirchenamt der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Hannovers, (externer Link) Landeskirche Hannovers 29.08.202 ↩︎
  4. vgl. „Im Kirchenamt wurden Entscheidungen nicht getroffen, die nötig gewesen wären“, (externer Link) Rundblick Niedersachsen 15.08.2024 ↩︎

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