Update Offener Brief

Update zum Offenen Brief der Initiative
„Meisterhafte Vertuschung beenden“

Was ist passiert?
Am 5. Juni 2024 haben wir unseren Offenen Brief an die Landessynode der HannoverschenLandeskirche und den Landesbischof und weitere Adressat*innen über diesen Verteilerversendet. Was uns sehr freut: Wir sind auf große Resonanz gestoßen.

Brief vom 05.06.2024 hier.

Während wir in vorherigen Jahren lange Zeit auf Antwort aus der Bischofskanzlei warten mussten und diese nur aus dem Vorzimmer kam, erhielten wir am frühen Abend desselben Tages eine Antwort mit einer Einladung zu einem Gespräch mit Bischof Meister.


Wie reagierte die Landeskirche?
Nachdem der Landeskirche am 4. Juni 2024 bekannt wurde, dass ein offener Brief vonBetroffenen veröffentlicht werden würde, wurden spontan drei Betroffene zur Landessynode am 7. Juni 2024 eingeladen – eine Person aus unserem Kreis tatsächlich erst am Mittwoch, den 5. Juni 2024, nachdem bekannt war, dass sie den Brief mitgezeichnet hatte.


Das führte dazu, dass auf der Synode vier Betroffene anwesend waren und nicht nur eine betroffene Person, wie ursprünglich geplant. Diese Betroffenen wurden immer wieder erwähnt – ob aus Respekt oder auch, um ganz klar sichtbar zu machen, dass man ja Betroffene inkludiert hatte.

Zunächst war nur die Anwesenheit von Nancy Janz geplant gewesen. Frau Janz ist Betroffene der Hannoverschen Landeskirche. Sie ist Leiterin der Fachstelle gegen sexualisierte Gewalt der Bremer Evangelischen Kirche und Sprecherin des Beteiligungsforums der EKD.

Sie hat auf der Landessynode den Morgenimpuls gestaltet, einen Redebeitrag von 25 Minuten gesprochen, einen weiteren 15-minütigen Impuls gegeben – und sie war von der Landeskirche ebenfalls eingeladen, ihre Position auf der Pressekonferenz zu vertreten.


Die drei spontan eingeladenen Betroffenen hatten kein Rederecht vor der Synode – dazu unten mehr – und konnten ihre Einschätzungen nicht offiziell als Teil der Pressekonferenz mit den anwesenden Journalist*innen teilen.

Diese Organisation hatte einen klaren Einfluss auf die Gewichtung bzw. Sichtbarmachung der Perspektiven von Betroffenen. Diese sind niemals einheitlich, sondern auch in diesem Kontext sehr heterogen und teilweise kontrovers.


Wie reagierte die Synode?
Die Synode reagierte insbesondere auf den ersten, sehr emotionalen Redebeitrag berührt. Es wurde geäußert, dass es wichtig sei, dem Thema Raum zu verschaffen.

Wir freuen uns, dass diese Erkenntnis bei der Synode entstanden ist. Nur wenn die Menschen, die sich aktiv in der Landeskirche engagieren, hier eine Haltung entwickeln, kann es zu wirklichen Veränderungen kommen.


Was erlebten die drei spontan eingeladenen Betroffenen?

Die Hannoversche Landeskirche spricht von mindestens 140 Betroffenen – offiziell. Ganz abgesehen davon, dass sowohl wir wie die ForuM-Studie diese Zahl in Frage stellen: Es waren also vier Betroffene von 140 anwesend – und 136 nicht.

Von ihnen hatte eine Person mehrfaches Rederecht vor der Synode; dieselbe, die auch auf der Pressekonferenz ihre Einschätzungen teilen konnte. Die anderen drei nahmen an der Workshopphase teil. Sie berichten davon, in diesem Rahmen auch gute Austausche mit den Synodalen gehabt zu haben.

Eine dieser anderen drei betroffenen Personen wollte im Anschluss an die Workshopphase ebenfalls einen kurzen Impuls geben. Die Synodenleitung verwehrte ihm, sich fünf Minuten vor der Synode zu äußern, mit Hinweis auf die Geschäftsordnung. Denn Redebeiträge müssen vorher angemeldet werden.


Zur Erinnerung: Diese drei der vier anwesenden Betroffenen waren in den Tagen unmittelbar vor der Synode eingeladen worden, nachdem Kritik an Landesbischof Meister publik geworden war; ihnen wurde kein Angebot gemacht, dort zu sprechen. Und: Tatsächlich hatten ca. eine Stunde vorher Sprecher der Synode geäußert, dass das Thema so wichtig sei, dass Formalia
dahinter Relevanz verlieren.

Die drei spontan eingeladenen Betroffenen saßen in der Loccumer Klosterkirche hinter einer Säule verdeckt. Weder konnten sie die Synodalen gut sehen, noch waren sie selbst für andere sichtbar. Eine der Betroffenen sprach von dem Gefühl, “am Katzentisch” platziert worden zu
sein.


Welche Maßnahmen über die Synode hinaus gibt es?
In der Synode wurde vor allem angekündigt, dass die Fachstelle der Hannoverschen Landeskirche noch weiter ausgebaut bzw. personell aufgestockt werden soll. Was ist unsere Einschätzung dazu?
Tatsächlich ist die Fachstelle (externer Link) bereits zum jetzigen Zeitpunkt personell sehr großzügig aufgestellt. Das scheint aber die Probleme nicht zu lösen (vgl. unseren offenen Brief).


Wir brauchen nicht mehr vom Gleichen, sondern etwas völlig anderes!


Betroffene sexualisierter Gewalt der Hannoverschen Landeskirche brauchen:
● Ein Beschwerdemanagement im Umgang mit der Fachstelle
● Eine Ombudsstelle, die ihre Interessen vertritt
● Rechtsschutz
● Die zuverlässige Beachtung des Datenschutzes
● Klare, verlässliche und transparente Dokumentation der gemeldeten Fälle
● Die Förderung der unabhängigen Vernetzung von Betroffenen (die seit 2019 von derEKD versprochene Vernetzungsplattform ist bis dato immer noch nicht am Laufen).
● Widerspruchsrechte in Anerkennungsverfahren, so wie sie bei der DeutschenBischofskonferenz bereits etabliert sind.
● Angemessene, transparente, nachvollziehbare Anerkennungszahlungen
● Und vor allem: Eine gänzlich unabhängige Meldestelle /Fachstelle.


Eine unabhängige Fach- und Meldestelle ist übrigens insbesondere für Menschen wichtig, die heute in der Kirche arbeiten, aber in der Vergangenheit sexualisierte Gewalt in der Kirche erleben mussten! Die ForuM-Studie zeigt, dass gerade sie oft fürchterliche Erfahrungen in ihren Landeskirchen machen. Aber auch alle anderen Betroffenen sollten nicht gezwungen werden, sich bei der Organisation zu melden, in der sie Gewalt erfahren haben.


Wir bleiben dabei: So wenig, wie der VW-Konzern seinen eigenen Abgasskandal selber aufarbeiten kann, so wenig kann die Hannoversche Landeskirche die vielen Fälle sexualisierter Gewalt bei sich selbst aufarbeiten.


Und was ist mit Bischof Meister?

Bischof Meister hat sich sehr bemüht, bei seinem Redebeitrag Empathie und Betroffenheit gegenüber Betroffenen zu transportieren. Seine „Fehler“ sieht er alle in der Vergangenheit.
Wieder wurde das Bild von der „lernenden Kirche“ evoziert, um Untätigkeit und Versagen zu erklären. Die Verantwortung verschiebt Landesbischof Meister auf Verwaltungsstrukturen und die (angebliche) Unterbesetzung der Fachstelle. Das ist nur allzu bequem. Bischof Meister hatte 12 Jahre Zeit, sich des Themas anzunehmen.
In jedem anderen Job müsste er sich dafür verantworten, dass er so lange auf voller Linie versagt hat.


Was ist unser Fazit?

Wir werden die Einladung nicht annehmen: Wir haben Bischof Meister nicht um eine Audienz gebeten, sondern fordern seinen Rücktritt. Diesen sehen wir weiterhin als einzige verantwortungsvolle Option – heute mehr denn je!


Initiative „Meisterhafte Vertuschung beenden!“
Hannover, den 21. Juni 2024

Anmerkung: Dies ist die korrigierte Version. Wir hatten ursprünglich von 122 Betroffenen in der Landeskirche geschrieben. Das ist aber die Zahl der Fälle, die das Landeskirchenamt am 25.01.2024 mitteilte. Sie spricht von “mindestens 140 Betroffenen”. Uns ist unklar, wieso es mehr Betroffene als Fälle geben kann, aber dafür gibt es sicher eine Erklärung.
https://www.landeskirche-hannovers.de/presse/pressemeldungen-landeskirche/2024/01/25-Sexualisierte-Gewalt-Landeskirche-veroeffentlicht-fallzahlen (externer Link)

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